Simulationsbasiertes Lernen (SBL) ist eine wertvolle Methode, um berufliches Handeln sicher und praxisnah zu trainieren. Insbesondere im Gesundheitswesen ist das wichtig, denn es sollen keine echten Menschen gefährdet werden. Doch was passiert, wenn eine Simulation nicht wie geplant verläuft? Wenn sie sogar abgebrochen werden muss?
Für Lehrende, Praxisanleitende oder Instruktor:innen kann das ein heikles Thema sein. Denn bei den Lernenden in der Simulation kann automatisch das Gefühl kommen: „Habe ich versagt? Habe ich etwas falsch gemacht?“ In diesem Beitrag wollen wir genau hier ansetzen und zeigen: Ein Abbruch ist kein Scheitern, sondern Teil eines professionellen und verantwortungsbewussten Umgangs mit Lernprozessen.
Warum ist das Thema so wichtig?
Im simulationsbasierten Lehren und Lernen geht es oft um komplexe, teilweise auch belastende Situationen. Alle Beteiligten, Lernende, Lehrende und Simulationspersonen, brauchen Sicherheit. Doch trotz gewissenhafter Vorbereitung kann es vorkommen, dass etwas nicht mehr „rund läuft“. Dann ist es wichtig zu wissen: Wann ist ein Abbruch sinnvoll und wie gehe ich damit um?
Wann ist ein Abbruch notwendig?
Elvira und Sophie berichten im Video von verschiedenen Situationen, in denen sie eine Simulation bewusst beendet haben. Folgende Gründe sprechen dafür:
1. Gefährdung der Sicherheit
- Wenn z.B. ein Simulator falsch bedient wird und teure Technik droht, kaputt zu gehen,
- Wenn eine Simulationsperson sich unwohl fühlt.
- Wenn Lernende durch Überforderung oder emotionale Belastung in Situationen geraten, in denen Lernen unmöglich wird.
Simulationslernen soll sichere Erfahrungen ermöglichen, aber nicht immer läuft alles nach Plan. Manchmal muss eine Simulation mitten im Ablauf abgebrochen werden. Das kann sich für Lehrende und Lernende unangenehm anfühlen, doch ein Abbruch ist kein Scheitern, sondern ein professioneller, verantwortungsvoller Schritt, um Sicherheit, Respekt und Lernchancen zu bewahren.
2. Technischer Ausfall
- Wenn das technische Equipment versagt (z.B. ein ausgefallener Simulator wird als reanimationspflichtige Person wahrgenommen) und die Lernziele nicht mehr erreicht werden können.
- In solchen Fällen hilft eine klare Kommunikation: „Sie haben alles richtig gemacht – die Technik war das Problem.“
3. Verletzung von Grundregeln
- Regeln wie „Unterwäsche bleibt an“ oder „Handys sind aus“ geben Sicherheit.
- Werden Grundregeln bewusst missachtet, ist ein Abbruch zum Schutz aller oft unumgänglich.
Checkliste für den Fall eines Abbruchs:
- Ist die psychologische Sicherheit der Beteiligten (emotional oder physisch) gefährdet?
- Gibt es eine Grenzüberschreitung oder unangemessene Situation?
- Funktioniert das technische Equipment nicht mehr?
- Kann das Lernziel noch erreicht werden?
Wie gehe ich mit einem Abbruch um?
Ein Abbruch ist für Lernende oft erst mal ein Schock: „Habe ich versagt?“ Wichtig ist hier eine klare, wertschätzende Kommunikation:
- Transparenz von Anfang an: Schon vor Beginn der Simulation erklären, dass es in bestimmten Fällen zu einem Abbruch kommen kann, z.B. bei Sicherheitsbedenken oder technischen Problemen.
- Vertrauen aufbauen: Je vertrauensvoller das Lernklima, desto besser kann ein Abbruch aufgefangen werden.
- Nachbesprechung nutzen: Das Debriefing ist der Raum, um aufzufangen, zu klären und gemeinsam zu lernen.
Psychologische Sicherheit im Fokus
Lernende brauchen das Gefühl: Hier darf ich Fehler machen. Hier bin ich sicher.
Das gelingt nicht durch Kontrolle, sondern durch Kommunikation. Klare Regeln, transparente Lernziele und ein respektvoller Umgang sind die Basis. Hilfreich ist auch der sogenannte „Fiktionsvertrag“: Gemeinsam mit den Lernenden wird besprochen, was echt ist und was nicht. So entsteht ein gemeinsamer Lernraum, in dem sich alle auf das Szenario einlassen können.
Was tun, wenn nicht alle aktiv simulieren?
Viele Lehrende fragen sich: Was machen eigentlich die, die nur zuschauen?
Die Antwort: Auch Beobachten ist aktives Lernen. Entscheidend ist, wie Sie als Lehrperson die Beobachtenden einbinden:
- Konkrete Beobachtungsaufgaben halten die Konzentration aufrecht („Achte auf die Körpersprache“).
- Einfache Checklisten helfen, die Beobachtung zu strukturieren.
- Die Beobachter:innen können nach der Simulation wertvolles Feedback teilen.
Kurze, gezielte Simulationen (7–12 Minuten) sind besonders wirksam, sie überfordern nicht und ermöglichen eine strukturierte Reflexion.
Fazit: Leichtigkeit entsteht durch Übung
Simulationsbasiertes Lernen ist kein Selbstläufer, aber ein unglaublich wirksames Werkzeug. Mit der richtigen Vorbereitung, einer offenen Haltung und einem klaren Fokus auf die Lernziele wird jede Simulation zu einer wertvollen Erfahrung. Auch (oder gerade dann), wenn nicht alles nach Plan läuft.
Checkliste für den Ernstfall:
- Vorab über mögliche Abbruchgründe informieren.
- Alle Beteiligten gut vorbereiten.
- Klare Regeln formulieren, was erlaubt ist und was nicht.
- Lernende im Debriefing bestärken, dass Fehler Lernchancen bedeuten.
- Eigene Gefühle reflektieren und ggf. kollegialen Rat einholen.
Simulationsbasiertes Lernen lebt von klaren Strukturen und guter Vorbereitung. Genauso wichtig ist aber auch die Fähigkeit, flexibel zu reagieren, Grenzen zu erkennen und professionell zu handeln.
Hier geht es zu unserem Video zum Thema Abbruch?!?